Die Infos hier sind meinem Reiseführer entnommen, dessen Verkauf ich Ende 2019 eingestellt habe, da mir die Aktualisierungen zu lästig wurden. Inzwischen gibt es viele Möglichkeiten, sich im Netz über die Insel, Hotels, Anreise etc. zu informieren. Fragen per E-Mail beantworte ich gern. Hier meine Bemerkungen aus dem Reiseführer zu Land und Leuten.
Land und Leute – alphabetisch
Vorweg: ‚Die‘ Kapverdier
In dieser Beschreibung begegnet man öfter „dem“ Kapverdier. Sicherlich muss bezweifelt werden, dass es den Kapverdier „als solchen“ gibt. Deshalb hier eine politisch korrekte Erläuterung. Was hier über „den“ Kapverdier gesagt wird, trifft selbstverständlich nicht auf jeden Einwohner der Inselgruppe zu. Das gilt sowohl für positive als auch für kritische Feststellungen. Soviel vorweg für alle, die Pauschalisierungen für pauschal halten. Doch komme ich um Pauschalisierungen nicht herum, denn ich beschreibe die Inseln aus dem individuellen Erleben heraus. Übrigens: Bei der Aussprache habe ich für etliche portugiesische und kreolische Worte die Lautschrift gewählt, was dann durch eine kursive Schreibweise kenntlich gemacht wird.
Aluguer
Ein Alugär ist ein Transportmittel, das festgelegte Strecken abfährt und dazu Fahrgäste einsammelt. Es handelt sich mittlerweile fast ausschließlich um Kleinbusse. Offiziell dürfen „nur“ 15 Personen in so einen Kleinbus reingezwängt werden, mein Rekord lag allerdings bei 20, plus Hühner und einer Ziege. Aluguer sind billig, sie kosten etwa ein Zehntel des Taxenpreises, fahren aber erst los, wenn sich genügend Fahrgäste eingefunden haben. Normalerweise fahren Aluguer von festen Abfahrtplätzen. Ein Aluguer, das auf Anfrage hin Einzelpersonen oder Fracht (Freit) transportiert, mutiert dadurch zum Taxi mit entsprechend höheren Preisen.
Amanha – Manãna
Wer gerade aus dem Sprachkurs kommt, dem hat man weisgemacht, das Wort ‚amanha‘ würde „morgen“ bedeuten. Aber schon in Spanien bedeutet Manãna in Wirklichkeit: „nicht heute“. Hier auf den Kapverden geht diese Bedeutungserweiterung noch weiter. Hier heißt das schlicht „irgendwann, nur nicht jetzt“.
Arbeit
Arbeit ist auf den Inseln Mangelware. Diese knappe Arbeit wird relativ bescheiden bezahlt. Der durchschnittliche Lohn für Gemeindearbeiter liegt bei 10 € am Tag, gute Handwerker bekommen 15 – 20 € am Tag. Dienstmädchen etwa 80-150 € im Monat, Lehrer etwa 400 €.
Armut
Viele Einwohner führen ein bescheidenes Leben. Zwar habe ich etliche Europäer getroffen, die den Standpunkt vertraten, Armut gäbe es auf den Kapverden nicht, die Inseln bekämen ja mittlerweile alles geschenkt, von Reis über Mais bis zur Entwicklungshilfe. Diese Leute scheinen eine ziemlich verdrehte Wahrnehmung zu haben. Hier herrscht ein gerüttelt Maß an Verteilungsungerechtigkeit, um es mal gelinde auszudrücken. Was die Inseln an Zuwendungen erhalten, kommt nur wenigen direkt zugute. Viele Kapverdier besitzen gerade das Nötigste, wozu – warum auch nicht – oft ein TV-Gerät oder ein modernes Handy gehört. Bett, Stuhl, Tisch, ein Brett mit etwas Wäsche drauf, ein paar Töpfe, ein Gaskocher, so etwas ist auch in den Städten zu finden. Hunger herrscht nicht, zumindest nicht dauernd, aber Armut schon, ebenso wie Reichtum derjenigen, die an den Quellen des Tourismus hängen oder ihr Geld in der Bauindustrie und im Handel machen. Topverdiener sind Anwälte, die sich gar nicht erst mit Kleinkram abgeben und von denen die etliche – man muss es so deutlich sagen – nicht gerade von Fachwissen geblendet und schon gar nicht von Rechtschaffenheit gekennzeichnet sind.
Die Sache hat aber auch eine andere Seite. Die meisten Leute hier mögen zwar arm sein, aber ihre Laune ist weitaus besser als die der reichen Menschen Europas. Sie lachen gern und singen und tanzen zu jeder Gelegenheit. Feste reihen sich fast nahtlos aneinander. Im Grunde ist ständig in irgendeinem Ort eines. Das Leben ist einfacher und unmittelbarer, mit allen Vor- und Nachteilen.
Atmosphäre
Die Atmosphäre auf den Kapverden ist vom Nebeneinander von Altem und Neuem, von der Gleichzeitigkeit dritter und erster Welt und von europäischen und afrikanischen Einflüssen geprägt. Telefon, Internet, Banken und modernste Waren stehen dem zur Verfügung, der es sich leisten kann, während gleichzeitig in weiten Teilen eine ursprüngliche Lebensweise anzutreffen ist. Leider gehen die Kapverden allmählich im Massentourismus unter, so dass man immer seltener auf typisch kapverdisches Leben trifft, mit Ausnahme der Inseln, die nur wenige Sandstrände zu bieten haben.
Autos mieten
Auf den Inseln kann man problemlos Autos mieten. Im Vergleich zu den Kanaren sind die Mietpreise recht hoch, sie liegen zwischen 40 und 80 € pro Tag. Wer sich hier ein Auto mietet, sollte sich nicht auf den oft guten ersten Eindruck des Straßenzustandes verlassen. Deshalb kann man nur zu moderater Fahrweise raten. Und gleich nach den Kosten fragen, die bei der Abgabe des Wagens entstehen, etwa Reinigungskosten.
Bakschisch
Wenn Dir jemand den Weg zeigt oder Dich sogar an den Ort begleitet, nach dem Du ihn gefragt hast, freue dich über soviel Freundlichkeit. Bedanke Dich herzlich und beschäme keinen, indem Du gönnerhaft Bakschisch verteilst. Schließlich hältst Du zuhause auch die Hand nicht auf, wenn Du einem den Weg zeigst. In Restaurants wird natürlich gern Trinkgeld genommen, die Leute verdienen wenig.
Barberia
Frisöre gibt es so viele wie Kramläden, an jeder Ecke einen. Das kommt daher, weil die Frisöre staatlich geförderte Ausbildungen (kann man so nennen wenn man will) erhalten. Etliche dieser Salons tragen den vielversprechenden Namen Esperanza (Hoffnung). Ein Kurzhaarschnitt birgt gewöhnlich wenige Risiken. Geübt sind die Frisöre auch mit der Haarschneidemaschine, dem Scheren.
Bettelei
Bettler trifft man hier relativ wenige, meist wird man von Kindern mit liebreichem Blick um Schcudsch angefleht. Diesem Ansinnen sollte man ausnahmslos widerstehen. Auf Sal beispielsweise, wo sich italienische Urlauber mit sogenanntem Kleingeld spendabel zeigen, haben die Kinder teils mehr Geld in der Tasche als ihre Eltern. Mit der Konsequenz, dass sie nicht mehr zur Schule gehen, weil sie jetzt wissen, wie man richtig Geld verdient. An einem alten, zahnlosen Mütterchen, das offensichtlich in Armut lebt, bin ich allerdings selten vorbeigekommen, ohne meinen Tribut zu entrichten.
Catchupa
Das ist der typische Eintopf aus Mais und Bohnen, als Catchupa rica angereichert mit Fisch, Fleisch oder Eiern. Ohne diese Nationalspeise ist ein Leben für den Kapverdier unvorstellbar. Die Einheimischen essen den Eintopf morgens, mittags, abends und Reisende ziehen Catchupa dem oft schlecht nachgeahmten europäischen Frühstück vor. Probiert haben sollte man diese Nationalspeise auf jedem Fall.
Crashed Ice a la Kapverden
Nimm eine Pet-Flasche, fülle sie mit Wasser und leg sie in den Gefrierschrank. Wenn das Wasser gefroren ist, schmetterst Du die Flasche so lange auf den Steinboden, bis der Inhalt in tausend kleine Teile gesprungen ist. Crashed Ice ganz ohne Maschine. Ideal für Caiprinha.
Dickschiss
Dickschiss kommt hier viel seltener vor als Dünnschiss, ist auf Dauer aber problematischer. Man muss nicht gleich den Arzt besuchen und auf Chemie herumkauen. Viel trinken hilft, Bewegung auch. Unsere Großeltern halfen sich mit einem Einlauf. Nur sollte das Klo dann in der Nähe sein.
Dünnschiss
Ist meist nach einem Tag oder wenigen Tagen weg. Hier ein segensreicher Tipp für alle, die von dieser lästigen Erscheinung heimgesucht werden. Keinesfalls reiben, sondern tupfen! Das tut auf Dauer weniger weh. Die Einheimischen kauen einige Samen von der Papayafrucht, das soll helfen. Nur nicht überreagieren. Wenn Montezumas Rache nach einer Woche nicht weg ist, kann man überlegen, den Arzt aufsuchen.
Essen
Auf große Kochkunst trifft man im Lande nicht, aber oft wird passables Essen serviert. Am besten schmeckt es – wie überall – wenn Muttern kocht. Die Zusammenstellung der Zutaten in den Restaurants ist meist etwas gewöhnungsbedürftig. Zu Fleisch oder Fisch gibt es gleichzeitig Reis und Kartoffeln und kaum Salat oder Gemüse. Wer Hähnchen mit einem riesigen Berg Pommes und einem riesigen Berg Reis für gutes Essen hält, der wird bei diesen Sättigungsbeilagen auf seine Kosten kommen. Wer damit nicht zufrieden ist, sollte rechtzeitig auf Änderungswünsche hinweisen, wozu nicht jedes Restaurant bereit oder in der Lage ist. Rechtzeitig meint: vor der Bestellung!
Ein paar Tipps am Rande. Wenn keine Speisekarte vorliegt oder wenn diese keine Preise enthält, empfiehlt es sich, vor der Bestellung die Preise zu erfragen, sonst kann man eine unerwartet hohe Rechnung vorfinden. Ebenso kann man sich etwas relativ Teures wie eine Languste vor der Bestellung zeigen lassen, sonst sucht man sie womöglich unter dem Salatblatt. Solche Vorsichtsmaßnahmen gelten für die vom Tourismus beglückten Inseln, auf den vom Massentourismus verschonten Inseln wie beispielsweise São Nicolau sind derartige Maßnahmen nach meiner Erfahrung nicht nötig.
Ein Hinweis zur Gesundheit: Sobald der Körper auf den Geruch oder Geschmack oder den Anblick einer Speise mit Widerwillen oder Misstrauen reagiert, sollte man ihm und nicht der Speise vertrauen und verzichten. Ich habe mich dreimal nicht an diesen meinen eigenen Rat gehalten und jedes Mal entweder mit Übelsein oder Montezumas Rache zu tun gehabt, wenn auch in moderater Weise. Vorsicht auch bei Meeresfrüchten und vor allem bei Muscheln (Lapa), die Frische prüfen, oder am besten gar nicht essen.
Fäkalien
Traditionell kein großes Thema, die Sonne und das Meer sorgten Jahrhunderte lang für die Zersetzung menschlicher und tierischer Ausscheidungen. Heute stellt das Abwasser die Bewohner vor größere Probleme. Zwar schreiben Bauvorschriften mittlerweile für Neubauten einfache Sickergruben vor, aber in Santa Maria auf Sal beispielsweise steht das Grundwasser, saftig angereichert von der Gülle aus den Sickergruben, nur 40 cm tief. Wenn es dann regnet, kriecht ein süßlicher Geruch noch oben und innerhalb von zwei Tagen wimmelt es von Millionen Fliegen. Da es aber selten und wenn, dann nur im September und Oktober regnet, dörrt die Sonne alles schnell wieder aus. Viele Bewohner können jedoch weder die Kosten einer Wasserleitung noch die Kosten eines Klärbeckens aufbringen. Da sie ihr Brauchwasser täglich auf dem Kopf in ihre Hütten tragen, hat man auch Verständnis dafür, wenn die Fäkalien zuerst in einen Eimer und danach in die Pampa wandern. Deshalb hier ein kostenloser Extra-Tipp am Rande: Augen auf beim Dauerlauf.
Familienleben
Vier Frauen habe er und so viele Kinder, dass er nachts nicht wisse, wo er im Haus schlafen solle. Ein anderer Mann, der mir diese Sätze übersetzt, kommt aus dem Lachen nicht raus. Er hat seit ewiger Zeit nur eine Frau, aber auch nicht weniger Kinder. Je nachdem ob der Kapverdier von heller oder dunkler Haut ist, was auf europäische oder afrikanische Vorfahren hinweist, pflegt er meist ein unterschiedliches Familienleben. Für europäisch Orientierte zählt vor allem die patriarchalische Familie, den afrikanisch orientierten sind matrilineare Familienstrukturen vertrauter. Dann leben Mann und Frau ohne Trauschein zusammen, und wenn die Beziehung zu Ende ist, geht der Mann. Die Kinder bleiben bei der Frau und deren Clan, haben Onkeln und Großväter. Zentrum dieser Familie ist weniger das Paar als vielmehr die Mutter und deren Verwandtschaft. Keine schlechte Sache, für die Frauen bedeutet sie größere Unabhängigkeit vom Ehemann.
Feiertage
An diesen Tagen besser mit geschlossenen Läden rechnen, außer den China-Läden, die haben eigentlich immer offen:
1. Januar – Neujahr
20. Januar – Nationalheldentag
8. März – Frauentag
1. Mai – wie bei uns Tag der Arbeit
1. Juni – Tag des Kindes
5. Juli – Unabhängigkeitstag
12. September – Geburtstag des Nationalhelden Cabral
1. November – Allerheiligen
25. Dezember – Weihnachten
Andere Feiertage gibt es nach Lust und Laune, jedenfalls bei den Behörden, vor allem nach Festen, damit man einen Tag hat, wieder auf die Füße zu kommen (nennt sich „dia toleranca“).
Fischer in offenen Booten
Überall dort, wo das Meer und die kleinen offenen Holzboote es zulassen, wird gefischt. Fischen ist hier traditionell eine soziale Angelegenheit. Dem einen gehört das Boot, dem nächsten der Motor, ein anderer macht den Fischer. Zwischen allen wird der Fang nach einem vertrauten Schlüssel aufgeteilt. Die Netze sind oft so klein, dass man sie nicht um den Fisch legen kann, sondern den Fisch in sie hineintreiben muss.
Die Fischer fahren raus und suchen einen Schwarm. Der wird mit dem Netz auf einer Seite begrenzt, dann springen einige Fischer ins Wasser und versuchen tauchend den Schwarm ins Netz zu treiben. Auch Grundangeln mit Handleinen ist verbreitet.
Reich wird hier niemand vom Fischen, jedenfalls nicht die kleinen Fischer. Deren Boote sind wackelig, die Motoren meist alt, das Benzin wird jedes Jahr teurer. Wenn keine Kühlmöglichkeiten vorhanden sind, muss der Fang gleich verkauft oder eingesalzen werden. Ein einträgliches Geschäft ist das nicht, und hinzu kommt, dass europäische und chinesische Flotten am Rande der Kapverden oder in ihren Gewässern den Fisch mit modernen Methoden langsam ausrotten. Die Kapverden haben nämlich entgegen anders lautenden Gerüchten relativ wenig Fisch, weil die Inseln nur über einen kleinen Festlandsockel verfügen.
Fliegender Händler
Dieser Händlertyp fliegt überall dort in Schwärmen herum, wo regelmäßig Touristen einfliegen, vor allem auf Sal. Meist stammt er aus Afrika und will Geld verdienen, um weiter nach Europa zu kommen. Nein, er möchte Dir auf keinen Fall etwas andrehen. Er will nur Deinen Namen wissen und wie es Dir geht. Er sucht bloß etwas Unterhaltung, fragt, wo Du herkommst und wie Dir die Kapverden gefällt. Antwortest Du freundlich auf seine Fragen, wirst du ihn so leicht nicht mehr los. „Why do you turn me down“ fragte mich einer. „Because I am not going to buy anything.“ Wer gar nicht in derartige Scharmützel geraten will, schaut den Leuten nicht in die Augen und geht einfach weiter. Dann muss er sich bestenfalls noch ein „Why don’t you wanna talk to me? Because I am black?“ anhören. Sorry, aber den Versuch, auf die Rassismustränendrüse zu drücken, kennen wir aus unseren Landen.
Geduld
Ungeduldige Menschen erhalten auf den Kapverden eine kostenlose Schulung in Geduld. Um in den Genuss dieser Maßnahme zu kommen, muss man sich lediglich etwas Dringendes oder Ungewöhnliches vornehmen. Wenn Du beispielsweise in einem Laden stehst und der Verkäufer versucht in Seelenruhe, 100 Blatt A4-Papier abzuzählen, dann bring besser Zeit mit. Denn obwohl er sich gleich vier Mal bei Blatt 80 verzählt, fängt er unverdrossen und in aller Ruhe wieder von vorne an. Ein Geduldskurs mit Erfolgsgarantie, oder eine Lektion in Schicksalsergebenheit. Aber so spart man sich einen Meditationskurs und erfährt die Bedeutung von „se deos cre“ – wenn Gott will.
Geld
Zahlungsmittel ist der Schcudo, der in einem festen Wechselkurs (1:110) zum Euro steht und mit dem $-Zeichen beschrieben wird. Für 1 Euro erhält man nach Abzug der Gebühren 106$. Das Rechnen ist also recht einfach: den Preis einfach durch 110 teilen, schon hat man den genauen Wert in Euro. Aus- und Einfuhr von Escudos sind nicht gestattet. Bargeld anderer Währungen kann bei Bedarf kiloweise eingeführt werden. Das Rückwechseln stellt kein Problem dar, wenn man die Wechselquittung aufgehoben hat. (!) Besser ist.
Der Individualreisende sollte eine Kreditkarte (meist Visa) mit sich tragen (bitte getrennt vom Bargeld, auch hier gibt es böse Buben) damit er notfalls Bargeld besorgen kann. Banken gibt es inzwischen viele, hast alle haben Geldautomaten.
Gewalt
Kapverdier pflegen, vor allem wenn sie in Gruppen zusammen stehen, was oft der Fall ist, einen relativ lauten und lärmenden Umgang miteinander. Meist kann der Außenstehende nicht erkennen, ob sie scherzen oder streiten, aber fast immer scherzen oder schimpfen sie. Kommt es doch einmal zu Streit, was wirklich selten der Fall ist, treten einige sogleich als Schlichter auf. Das gibt den Streithähnen dann Gelegenheit, sich richtig auszuleben, schließlich können sie sich darauf verlassen, zurückgehalten zu werden. Kommt es zu gezielter Streitsuche, reagiert der Attackierte meist besonnen und weicht den verbalen und körperlichen Bedrängungen aus.
Körperliche Auseinandersetzungen waren auf den Kapverden traditionell verpönt, versichern mir ältere Einheimische. Erst durch den Einfluss von westlichen Filmen und Fernsehen werden allmählich neue, zweifelhafte Vorbilder geschaffen. Schwarzenegger und vonDamm und Kungfu sei Dank. Voraussicht ist grundsätzlich überall geboten, wo der Alkohol in Strömen fließt, wie übrigens auf Dorffesten bei uns auch. Es gibt auch den einen oder andere Rassisten, also Weißenhasser, was man ob der Geschichte des Landes ja durchaus nachvollziehen kann. Aber insgesamt sind die Leute sehr freundlich.
Mir ist – vor allem bei allein oder zu zweit reisenden Frauen – eine gewisse Naivität den potentiellen Gefahren gegenüber aufgefallen. Weist man darauf hin, gilt man schnell als Spielverderber oder Schwarzmaler. Dennoch gilt: Wo Massentourismus ist, da gibt es auch Diebstahl und Raub, teils Körperverletzung. In Sal, Mindelo, Boa Vista und Praia sollte man sich abends mit dem Taxi durch die Städte bewegen, wenn man das Land nicht kennt. Innerorts gelten Einheitstarife, etwa 200$ für eine Fahrt im Stadtgebiet. Da lohnt sich kein Risiko. Nicht umsonst sind in diesen Gegenden alle Häuser und Fenster vergittert.
Merke: Wer sich Dir gleich und aufdringlich zum Freund anbietet, ist garantiert keiner. Halte Dich von Trinkgelagen fern. Protze nicht. Teile Dein Geld in einen Gebrauchs- und einen versteckten Geldbeutel. Lauf abends und nachts nicht in dunklen Gassen herum. Dann kannst Du einen friedlichen Urlaub erleben. Halte Kopien deiner Ausweise und Flugtickets bereit, Nerds lagern die in einer Cloud.
Groque
Groq ist der Zuckerrohrschnaps, der hier überall zu haben ist. Der junge Groque, Groque nov genannt, kann dir schon mal die Schuhe ausziehen, er ist selbst gebrannt kaum unter 50% zu finden. Inzwischen bemüht sich die Regierung durch Gesetze und Kontrollen, die Qualität dieses Nationalgetränks zu verbessern. Tip: Ein Rum aus Cuba ist allemal sicherer.
Hunde
Sie gehören zum Dorfleben dazu und bewachen, wo es kaum etwas zu bewachen gibt. Tags eine Augenfreude, verwandeln sich die verspielten Gesellen nachts in die Quälgeistern der Inseln. Sie werden dann aus den viel zu kleinen Hütten verbannt. Kläff Kläff Kläff. Es scheint, dass Kapverdier keine Ohren haben. Wegen der Hunde (und Hähne) muss man empfindlichen Gemütern raten, gute Ohrstöpsel mitzunehmen. Grundsätzlich sind alle Hunde harmlos, mit Ausnahmen. Also: nix streicheln und och wie süß! Sollte Dir einer zu nahe treten oder Dich gar anknurren, ist die Lösung denkbar einfach: Bück Dich und greif entschlossen nach einem Stein, oder tu so als ob, wenn gerade keiner rumliegt. Und schon siehst Du sie laufen. Ich hab es selbst mit knurrenden und zähnefletschenden Scheinmonstern öfter so erlebt.
Hygiene
Zugegeben, der Kapverdier hat im Vergleich zum Nordeuropäer eine deutlich höhere Schmutztoleranz. Was hier als sauber gilt, fällt im Hilton glatt durch. Sauberer als Asien ist es hier allemal. Ich habe auf meinen bisherigen Reisen keine großen gesundheitlichen Probleme gehabt. Wer einem Restaurant nicht traut, kann sich jederzeit die angebotene Speise zeigen lassen und sollte dann nach Gefühl entscheiden. Dann aber bitte kompromisslos! Nettigkeit ist in dieser Hinsicht reine Dummheit! Trinkwasser gibt es hier nirgendwo aus dem Hahn, also immer Flaschen kaufen, die sind billig. Und so oft es geht die Hände waschen! Auch kleinste Wunden sofort gewissenhaft versorgen (siehe hinten).
Individualtourismus
Der Individualtourist muss sich die Inseln Sal, Praia, Boa Vista und São Vincente nicht antun, auch nicht unbedingt Maio. Auf diesen Inseln begegnet man den Schatten des Massentourismus. Von den anderen Inseln hört man Besseres. Im Internet gibt es zahlreiche Reisebeschreibungen. Jedoch sollte man bedenken, dass hier in den letzten Jahren massive Veränderungen stattgefunden haben, die in den meisten Reiseführern nicht aufgenommen sind. Auf den Kapverden ist das Übernachten im Freien übrigens unerwünscht. Man ist also auf Unterkünfte angewiesen. Und wer sich mehrere Inseln ansehen will, muss viel Zeit und Geduld mitbringen oder Inlandsflüge lange im Voraus buchen. Besser: kein Stress riskieren und weniger Inseln sehen.
Internet
Die Versorgung mit Mobilfunk-Internet ist gut, es gibt meist 4 G. Inländische Handy-Prepaid-Karten sind günstig, man kann mit Smartphone und einem Internet-Paket für um die 10 Euro einen mobilen Hotspot zum Laptop aufmachen.
Kinder
Hier kann man Kinder spielen sehen! Stundenlang, mit Begeisterung und ohne jedes Hilfsmittel. Was in der Umgebung zu finden ist, wird phantasievoll aufgegriffen. Ein alter Autoreifen wird endlos den Berg hoch und runter gerollt, ein leerer Koffer wird zum fliegenden Teppich, eine eingetrocknete Farbrolle zum Moped. Schöne Erinnerungen an die eigene Kindheit tauchen auf, wenn man hier Kindern beim Klickern (Glasmurmeln) zuschaut. Die Kinder auf den Kapverden sind laut und neugierig, aber zugleich scheu und respektvoll. Macht man die „Tür“ zu weit auf, gehen sie solange über Grenzen, bis man wieder welche zieht. Dann aber reagieren sie schnell. Also im Notfall energisch mit der wilden Bande sein, sie nehmen es nicht krumm und nicht allzu ernst, weil sie es gewohnt sind, emotional deutlich angesprochen zu werden.
Kramläden
Mercaria heißen die Kramläden hier. Es gibt sie zuhauf, von 5 bis 100 qm Größe, und darin gibt es alles Nötige und Unmögliche zu kaufen. Neben Grundnahrungsmitteln erhält man Seife vom Block geschnitten und Groque literweise. Jede Merceria ist zugleich Bar für Bier, Cola, Fanta, Wein und den Zuckerrohrschnaps. Gerade die ganz kleinen, nur ein paar qm großen Lädchen, wo ein paar herbe aussehende Einheimische rumstehen, sind die nettesten. Notfalls ein eigenes Pintchen mit in den Laden nehmen.
Kriminalität
Noch vor einigen Jahren konnte man ruhigen Gewissens von den Kapverden als einem sicheren Urlaubsziel sprechen. Das hat sich mittlerweile auf den vom Massentourismus heimgesuchten Inseln Sal, Mindelo, Praia und vor allem Boa Vista, geändert. An abgelegenden Stränden, in Bars, in dunklen Seitengassen und sogar in den großen Hotels wird geklaut und geraubt. So wie auf den Kanaren. In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Polizisten allerdings erhöht, und damit auch die Sicherheit zumindest in den touristischen Hotspots.
Raubsituationen geht man aus dem Weg, indem man in den Städten nachts auch kleine Strecken mit dem Taxi fährt. Innerorts gelten Einheitspreise.
Diese Schilderungen treffen ausdrücklich nicht für São Nicolau zu, wo es bisher keine Gefahren für Touristen gibt – es gibt einfach zu wenige, dass es sich lohnen würde – und offenbar nicht für Santa Antão. Dort ist man vom Schatten des Massentourismus verschont.
Langusten und Bärenkrebse
Noch gibt es Langusten auf den Kapverden. Die Bestände gehen allerdings im Rahmen des Einweißtransfers in die erste Welt stark zurück. Eine Schonzeit (zwischen 1. Mai und 31. Oktober) wurde eingerichtet, aber die nutzt nicht viel, weil keine Mindestgrößen für den Fang festgelegt wurden und sich eh keiner dran hält und kaum es kaum Kontrollen gibt. Sind die Langusten eines Tages dezimiert, ist es aus mit dem weißen Gold. Die Zucht lohnt nämlich nicht. Eine Languste legt im Jahr etwa 100 Gramm an Gewicht zu. Nach fünf Jahren wiegt sie 500 Gramm, nach 10 Jahren 1 kg. So mancher Reisende mag sich ob der fehlenden Restriktionen fragen, ob man die Langusten nicht lieber im Meer lässt, um die Art zu erhalten und es für besser halten, sie dem Fischer nicht abzukaufen. Aber wenn Du dem Fischer keine abkaufst, werden sie von Exporteuren gekauft, und dann gehen sie außer Landes. Dann soll doch lieber der Fischer sein Geld damit verdienen.
Lärm
Lärm gehört zu den Problemen, die einem empfindlichen Individualtouristen den Spaß an den Inseln einschränken können. Tags ist der Lärm kaum ein Problem, aber nachts kann er einem den dringend benötigten Schlaf rauben. Hunde werden frei laufen gelassen und beginnen Revierkämpfe durch Ausbellen und Hähne krähen allerorts ab 3 Uhr morgens um die Wette. Daher sei dem Touristen geraten, sich mit guten Ohrstöpseln auszurüsten.
Lebenshaltungskosten
Vieles, was uns hier billig erscheint, ist für die meisten Kapverdier teuer oder unerschwinglich. Auch die Emigranten (so werden hier die im Ausland arbeitenden Einheimischen genannt), die relativ gut verdienen, werden einen Großteil ihres Geldes für teure Dienste wieder los. Beispielsweise ein Kind auf die höhere Schule zu schicken ist meist mit einem Internatsaufenthalt und Kosten von bis zu 150 Euro pro Monat verbunden. Mehl oder Zucker und Reis kosten das Zwei wie bei uns. Und auch die europäischen, subventionierten Exportprodukte wie Milch kosten für den kapverdischen Geldbeutel viel. Und gerade da, wo der Massentourismus blüht und es Billiglohnjobs für Einheimische gibt, wird deren Gehalt durch erhöhte Mieten und Preise wieder aufgefressen.
Medizinische Versorgung
Krank werden kann man überall. Weil die deutsche Sozialversicherung aber kein Abkommen mit den Kapverden hat, bleibt man auf möglichen Krankenkosten sitzen. Deshalb sollte unbedingt eine Auslandskrankenversicherung abschließen, (um die 12 € pro Jahr mit Rücktransport). Diese gelten je nach Gesellschaft zwischen 28 und 45 Tagen. Auf den Inseln gibt es Sozialstationen für die Erstbehandlung, in den Hauptorten Krankenhäuser.
Mentalität
Die Mentalität der Menschen hier unterscheidet sich gehörig von der nordeuropäischen, beispielsweise was die Arbeitshaltung angeht. Hier lebt man mehr in den Tag hinein, man wartet auf Arbeit und sucht keine. Sicherlich müssen Kapverdier in dieser Hinsicht dazulernen, wenn sie ihren Lebensstandard heben wollen. Das Gleiche trifft auch für den Europäer zu, auch er kann hier etwas lernen. Dem übergewichtigen, an Bluthochdruck leidenden Deutschen, der am Tresen mit roten Kopf auf die „Faulheit“ der Leute hier schimpft, täte ein bisschen Entspanntheit a la Cabo Verde mehr als gut, würde ihm manche blutdrucksenkende Pille ersparen und der Krankenkasse viel Geld für seine Bypässe und Medikamente.
„Das Problem der Kapverden“, sagt der in Tarrafal lebende Holländer Henny Kusters, „ist, dass sie leben und verdienen wollen wie die Europäer, aber arbeiten und denken wie die Afrikaner“. Nach meiner Erfahrung trifft diese Beschreibung den Nagel auf den Kopf. Der Tourist begegnet diesem Widerspruch auf vielfältige Weise. Da sind Hotels mit europäischen Preisen und afrikanischem Standard und Service. Da ist der Apartmentbesitzer, der meint, 30 € für sein überaus bescheidenes Domizil wären nicht viel Geld, während er sich gleichzeitig weigert, die grausam teure Toilettendichtung für 2 € zu kaufen. Da ist der Hotelbesitzer, der die Reservierung für das Einzelzimmer verschlampt und dennoch für das ersatzweise angebotene Doppelzimmer den höheren Preis haben will.
Einem solchen „nehme gern und gebe ungern“ Habitus sollte man freundlich, aber sehr bestimmt entgegen treten. Beispielsweise, indem man zäh auf einem Nachlass besteht, wenn das versprochene warme Wasser nicht funktioniert oder indem man auf der zugesagten täglichen Reinigung der Zimmer und dem regelmäßigen Austausch der Wäsche besteht. Jedes Geschäft und Hotel hat ein Reklamationsbuch, man kann damit drohen, dort reinzuschreiben. Überhaupt sollte man nicht jeden Preis akzeptieren, oft lohnt es sich zu handeln. Das Preis/Leistungsverhältnis rechtfertigt das meistens licker. Und wie immer gilt auch dabei: verhandeln vor Inanspruchnahme der betreffenden Leistungen!
Müll
Müll ist ein Problem auf allen Inseln, vor allem natürlich auf den touristischen. Auf Sal sind große Flächen vermüllt. An beinah jedem Strauch hängt eine Tüte oder ein Stück Plastik. Schwer zu sagen, ob die Sträucher nach dem Müll greifen, um das Meer zu schützen oder ob der Müll sich panisch an die Sträucher klammert, um nicht im Meer zu versaufen. Der Umgang mit Müll ist in unseren Augen verheerend. Gerade in den noch ursprünglichen Orten kann man auch am Strand oft nur in festen Schuhen laufen, weil man sich sonst die Füße an Glasscherben aufschneidet. Wir sollten uns aber nicht allzu sehr über den sorglosen Umgang mit Abfall aufregen und uns an den eigenen Umgang mit dem Thema in den sechziger bis achtziger Jahren erinnern (oder heute: Atommüll). Viele Einwohner hier haben den Unterschied zwischen altem und neuem Müll noch nicht begriffen. Anscheinend denken sie, auch Glas und Plastik würden von selbst verrotten. Da ist noch viel Überzeugungsarbeit nötig, die von etlichen Gemeinden schon in Angriff genommen wird. Auf São Nicolau gibt es sogar zwei richtig angelegte Müllkippen. Leider liegt daneben fast soviel wie drin, und der Müll wird einfach abgefackelt. Schlimm ist auch, dass die Hotels des Massentourismus, allen voran die TUI, ihr sämtliches Zeug von den Kanaren importiert, den Müll aber hier liegen lassen. Ist ja auch günstiger.
Musik
Wenn man nicht durch die Orte hetzt, trifft man ständig auf Musik. Aus kleinen Radios, monströsen Portables, gigantischen Türmen oder oft live. Vor allem am Wochenende kann man das Glück haben, Trommelgruppen, Gitarren oder Gesängen lauschen zu können. Live-Musik ist hier ein Erlebnis, es ist Feuer drin und ein Schuss Melancholie. Pech hat, wer kontinuierlich aus Konserven beschallt wird.
So geht die Musik entweder ins Blut oder auf die Nerven, vor allem wenn nach einer Woche der Eindruck entsteht, hier würden nur 20 verschiedene Schlager mit maximal drei Akkorden existieren. Da hilft nur Ergebenheit. Erfahrungsgemäß hört der Lärm gegen 21 bis 23 Uhr auf. Ansonsten hier der ultimative Tipp für den Notfall: Mitmachen!
Reiseapotheke
Kurzum: Schmerzmittel, Antibiotika, Pflaster, Betaisadonna, Mull, eine Lupe, eine Pinzette und: eine gute Reisekrankenversicherung!
Regenzeit
Wenn es so etwas wie Regenzeit gibt, dann im September. Da kann es mal für Stunden oder selten für einige Tage regnen und es ist insgesamt schwüler. Ein Deutscher wird die eintretenden Beschränkungen nur müde belächeln, sofern ihm Schwüle nichts ausmacht.
Rotzen und Spucken
Nicht nur die Männer, auch die Frauen tun das auf den Kapverden ausgesprochen gern und intensiv. Papiertaschentücher können sich die meisten nicht leisten. Das archaische Reinigungsritual des Rachens mag anfangs abstoßend wirken, doch wundere Dich nicht, wenn Du oder Dein Partner nach einer Woche selbst damit anfangen. Es kann ansteckend sein.
Schildkröten
Hier gibt es sie noch, und leider werden sie manchmal gefangen und verspeist. Gefängnis und hohe Geldstrafen sind dann fällig, aber bei einem Preis von 8000$ fürs Fleisch einer Schildkröte gehen viele das Risiko ein. Gefährdet sind die Schildkröten aber nicht durch illegale Schlachtungen, sondern durch die Verschmutzung der Meere, Treibnetze und das Verschwinden unberührter Strände – da braucht man sich nichts vorzumachen. Wir sind die Bösen.
Schwimmen
Wie auf den Kanaren macht auch hier keine Behörde Werbung mit der Zahl der Ertrunkenen. Der Atlantik ist aber kein Bodensee und hält unberechenbare Strömungen bereit, auch an harmlos wirkenden Strandabschnitten. Eine stramme Strömung legt 6 km pro Stunde zurück, ein guter Schwimmer maximal 2 km. Hier gibt es weder Seenotrettung noch Bergwacht. Also besser keine Risiken eingehen und sich die Stelle, an der man baden will, in Ruhe genau ansehen, die Beine ins Wasser stellen und spüren, ob es eine Strömung gibt. Vor allem an Sandstränden gilt: Nicht aufs Meer hinausschwimmen. Am besten badet sich in Buchten, da greift die Strömung meist nicht zu.
Sex
So mancher und so manche fahren auf die Kapverden, um Sex zu haben. Nicht wenige Frauen suchen sich einen muskulösen Begleiter als Zwei-Wochen-Freund und halten ihn aus. Ja, es gibt einen männlichen und einen weiblichen Sextourismus. Abseits von jeder moralischen Bewertung kann man von solchen Praktiken nur abraten. Und auch vor nicht kommerziellen Techtelmechteln mit Einheimischen muss gewarnt werden. Man mischt sich in soziale Verhältnisse ein, deren Struktur man nicht durchschaut! Ich sehe noch die Narbe am Arm eines hier lebenden Deutschen vor mir, die von der Machete eines rasenden Liebhabers stammte. Zudem weckt man durch Flirts oder Urlaubsbeziehungen Erwartungen, die man garantiert nicht einlösen will. Denn auch wenn der männliche oder weibliche Europäer es nicht für möglich hält: Beziehungsangebote sind weniger auf sein enorm gutes Aussehen als vielmehr auf seinen gefüllten Geldbeutel und auf massive Versorgungserwartungen zurückzuführen. Da mach Dir besser nix vor!
Sinn und Unsinn
Sicherlich wäre auf den Kapverden Vieles effektiver zu gestalten. Wenn beispielsweise acht oder zwölf Fischer ein schweres Holzboot über Strandsteine hinweg ins Wasser schleppen. Wir hätten längst einen Slip aus Holz oder alten Schienen gebaut und eine Handwinde konstruiert, mit deren Hilfe zwei bis drei Personen so ein Boot in Windeseile und frei von Knochenarbeit in die See und hinaus bugsieren könnten. Aber – wie könnten dann die übrigen fünf bis acht Dorfbewohner Anspruch auf einen kleinen Teil des Fanges erheben, und wie würden sie den Eiweißbedarf ihrer vielköpfigen Familien decken?
Sicherlich wirkt es umständlich, dass ein Wasserhaus nur zu einer bestimmten Zeit öffnet und die Bewohner Stunden vorher ihre Kanister in eine Schlange stellen. Wir hätten längst eine flexible Öffnungszeit eingerichtet, so dass niemand zu warten braucht. Aber – wie könnten die Leute dann in Gruppen derart intensiven Sozialkontakt pflegen, miteinander scherzen und lachen und ihre Zugehörigkeit zur Ortschaft spürbar lebendig erhalten?
Sicherlich könnte man die Wäsche mit einer Maschine waschen anstatt sich am Waschhaus die Hände aufzuweichen. Sicherlich ließe sich der Fischfang rationalisieren, die Handarbeit reduzieren, der Maschineneinsatz optimieren – aber wie man es dreht und wendet, es steckt viel Sinn im scheinbaren Unsinn.
Sonne
Die Sonne scheint hier gern und oft und vor allem intensiv. Der Äquator ist nicht weit und Sonnenschutz in Form von Kopfbedeckung, von Kleidung und 50iger Sonnencreme ist ein Muss, wenn man nicht zur Gamba (rote Garnele, so werden die verbrannten Engländer auf Teneriffa genannt) mutieren will. Das gilt sogar bei bewölktem Himmel. Übrigens: Zum Aufbau von Vitamin D genügt es, Mittags 10 Minuten in der Sonne zu sein. Ich sehe noch die Blasen an Armen und Hals des Deutschen, der meinte, er hätte bloß etwas zu wenig Sonnencreme benutzt. Leute, das hier ist nicht Ibiza!
Souvenirs
Souvenirs werden hier an jeder Ecke angeboten. Sie haben meist nichts mit den Kapverden zu tun, aber alles mit Afrika. Sie werden von afrikanischen Händlern importiert. Wer es nicht lassen kann: Handeln ist obligatorisch.
Soziales Leben und soziales Netz
Das soziale Netz wird hier weniger vom Staat, sondern von der Familie oder dem Dorf geknüpft. Innerhalb der Familien hilft man sich so gut es geht. Die Jungen mögen eine eigene Wohnung haben, kommen zum Essen aber zu den Eltern. Das spart den eigenen Kochplatz. Verständnis und Rücksichtnahme ergeben sich hier, wie bei uns dazumal, aus dem Aufeinander-angewiesen-sein. Auch wenn im Dorf jemand Hilfe braucht, gibt jeder, was er kann – aber nur im Ernstfall. Ist beispielsweise jemand gestorben und die Familie hat kein Geld für einen Sarg, wird gesammelt. Wundere dich nicht, wenn Dir mitunter wunderliche Leute begegnen. Hier sperrt man die Verrückten nicht weg. Sie lachen, schimpfen und meckern ihre Wirrnis aus sich heraus. Gehen sie zu weit, wendet man sich einfach ab.
Sprachprobleme
Zum Problem werden Sprachprobleme hier eher selten. Zwar können nicht allzu viele Englisch, aber Französisch und Spanisch und ab und zu Deutsch bringen einen weiter. Irgendwie klappt die Verständigung immer, mit Händen und Füßen notfalls, mit Humor allemal.
Taxen
Taxen und Aluguer fahren durch die Straßen der Orte auf der Suche nach Kunden. Ständig wird man gefragt, meist durch kurzes Anhupen, ob man ein Taxi will, worauf man ganz einfach mit dem Zeigefinger abwinkt. Auf den Touristeninseln haben die Taxifahrer, wie überall auf der Welt, mitbekommen, dass man schon mal einen höheren Preis verlangen kann. Deshalb vor dem Einsteigen den Preis nachfragen, dann gibt es keine Überraschungen.
Telefon
Die internationale Vorwahl der Kapverden lautet 00238. Von den Kapverden aus nach Europa zu telefonieren ist teuer. Da lohnt allemal eine einheimische Sim-Karte, damit kann man auch Internet mobil empfangen und es ist preisgünstig. Dann wird das Smartphone zum mobilen Hotspot für den Laptop.
Tiere
Hühner, Schweinchen, Ziegen, Esel, Kühe, Schafe – hier gehören die Tiere zum Dorfleben dazu. Sie laufen frei herum und stellen eine Freude für die an leblosen Asphalt gewöhnten europäischen Augen dar. Giftige Tiere gibt es, wie auf den Kanaren, meist nicht. Das einzige unangenehm stechende Tier ist ein Hundertfüßer namens Skalopender (Hinweise dazu weiter hinten). Der kann stechen, was nicht lebensgefährlich ist, aber sehr sehr weh tut. Hier und da soll es Skorpione geben, aus Afrika eingeschleppt. Ich habe erst einen gesehen, der war in eine Cola-Flasche eingesperrt.
Trinken
Durst muss auf den Kapverden niemand leiden. Selbst im kleinsten Kaff, am Ende der Welt, wenn der Durst Dich überfällt, brauchst du nur nach einer Bar zu fragen. Man wird Dich durch Flure und Höfe leiten, durch Schlafzimmer oder Wohnzimmer, bis du schließlich vor einem Tresen stehst. Und dahinter, Du kommst aus dem Staunen nicht raus: Dahinter steht ein Kühlschrank und das Beste ist, er kühlt! Er läuft nämlich notfalls mit Gas. Und darin liegen die Objekte Deiner Begierde. Bier, Cola oder Saft. Sehr angenehm, das kann man nicht leugnen.
Trinkgelder
Trinkgeld ist hier nicht üblich! Ich habe es mir allerdings zum Prinzip gemacht, welches zu geben, die KellnerInnen brauchen es.
Unterkünfte
Ärgerlich, wenn im Reiseführer Preise für Unterkünfte genannt werden, die nicht mehr aktuell sind. Statt 2500$ kostet das Zimmer dann schon 4500$. Ansonsten sind Unterkünfte oft schlicht und das Preis/Leistungsverhältnis ist bescheiden. Weil beispielsweise der Wasserhahn verkehrt herum eingebaut ist oder die Markierung fehlt, von welcher Seite warmes oder kaltes Wasser zu erwarten sein könnte, bleiben nur Versuch und Irrtum. Da das Wasser nach Auskunft der Rezeption nach 5 Minuten warm wird, kann das Experimentieren ohne weiteres 10 Minuten dauern. Wetten, dass Du dich vorher unter kaltes Wasser stellst? Das ist nach 10 Sekunden auch gar nicht mehr kalt. Öfter ist mir folgende Variante begegnet: Kaltes Wasser ja, brühend heißes Wasser auch, aber die Mischbatterie, die will nicht mitspielen. Nun hat man die Wahl, zu frieren oder sich zu verbrühen. Also läuft es doch auf eine kalte Dusche hinaus. Funktioniert aber beides, dann läuft das Wasser womöglich nicht ab.
Warmduschen
Warmduschen ist auf den Inseln eine gefährliche Angelegenheit, erklärte mir ein sehr fürsorglicher Einheimischer. Man müsse danach unbedingt ins Haus gehen und sich in eine warme Decke einhüllen, sonst würde man krank werden. Wir als warmdusch-gestählte Nordeuropäer müssen uns deswegen wohl kaum Sorgen machen.
Wechselgeld – Ka ten druk
Es ist eines der Rätsel der kapverdischen Inseln, warum fast niemand Wechselgeld hat, auch wenn er schon den ganzen Tag Geld eingenommen hat. Dann hört man den bald vertrauten Satz Ka ten druk, was bedeutet „Habe kein Wechselgeld“. Es ist demnach angeraten, immer genügend Kleingeld mit sich zu führen, auch wenn das die Tasche ausbeult, sonst kann Bezahlen teilweise kompliziert werden.
Wein
Wein gibt es überall zu kaufen, meist kommt er aus Portugal. Ab 250$ die Flasche, in oft akzeptabler Landweinqualität. Weißwein kann in kleinen Orten schwer zu beschaffen sein, hier wird mehr Rotwein getrunken. Nicht schlecht ist Wein aus Fogo, der hat aber seinen Preis. Man muss sich eben durchtesten.
Wind
Wind gibt es viel und teilweise auch heftig, von März bis April bläst er stärker als in den anderen Monaten. Störend scheint das vor allem auf den flachen, sandigen Inseln zu sein, die bei Surfern wegen des Windes beliebt sind. Manche sprechen von einem natürlichen Sandstrahlgebläse oder dem kostenlosen Ganzkörper-Peeling. Ich finde das übertrieben, gehöre aber auch nicht zu den Sonnenanbetern, die sich zwischen den Dünen eingraben. Auf den felsigen Inseln, die sich für den Individualtourismus besser eignen, tut der Wind oft gut, indem er angenehm kühlt und das Wandern zum Vergnügen macht.
Wundheilung
Im Gegensatz zu Europa mit seinem kaltem Klima gibt es auf den Kapverden vorgebrütete Keime (ansonsten die gleichen Erreger) im Staub und die vermehren sich wesentlich schneller. Das bedeutet, dass sich Wunden unter dem Schorf weiter vergrößern. Schorf allein ist deshalb kein Zeichen von Heilung. Deshalb sollte man kleine Wunden täglich in einem Seifenbad aufweichen und den Schorf entfernen. Dann die Wunde mit Fettsalbe bestreichen, schlichte Vaseline tut es, ein Pflaster drüber und diesen Verband jeden Tag wechseln.
Wenn um eine Wunde ein roter, schmerzhafter Saum entsteht, ist die Infektion ins Gewebe vorgedrungen und es kann sehr ratsam sein, Antibiotika zu nehmen. Verbandsmaterial sollte man in der Reiseapotheke haben, auch was gegen Durchfall und ein Schmerzmittel.
Hier noch ein Tipp aus meiner persönlichen Erfahrung: Kleine Wunden saugt man gewohnheitsmäßig gern mit dem Mund aus. Das bitte NICHT tun. Es scheint, als ob man die hiesigen Erregern auf diesem Weg direkt in die Wunde transportiert. Also Lippen weg und gleich Desinfektionsmittel drauf machen. Hier gibt es in jeder Apotheke H2O2 (Wasserstoffsuperoxyd) zu kaufen, das ist billig und desinfiziert gut. Noch mehr zur Wundheilung: Wunden gehören entgegen verbreiteter Meinung nicht an die Luft, sie heilen besser unter dem Verband, und sie heilen besser, wenn sie feucht sind. Aber nicht feucht vom Wasser, sondern feucht von der Vaseline. Vaseline verhindert auch, dass der Mull an der Wunde festklebt. Zuerst Betaisadonna oder H2O2 drauf, danach Vaseline, dann Mull oder Pflaster.
Zeitumstellung
Sommerzeit gibt es hier nicht. Deshalb ist die Zeit auf den Kapverden im Sommer 3 Stunden und im Winter 2 Stunden zurück. Zählt man diese Stunden zur kapverdischen Ortszeit dazu, hat man die Uhrzeit in Deutschland. Für die Rechenschwachen: Wenn es auf den Kapverden 18 Uhr ist, steht die Uhr in Deutschland im Sommer auf 21 und im Winter auf 20 Uhr.